Blog Andrea vorm Walde - Workshop

Wie ich Fan von Gruppen-Workshops wurde – und dich zu einem mache

‚Gruppentherapie’. Das Wort fühlte sich für mich immer an wie 70er-Jahre und muffiger Kuraufenthalt. Menschen sitzen im Kreis und erzählen sich mühsam ihr Problem. Und so war ich damals wenig angetan, als meine Therapeutin mir nahelegte, mal an einem Workshop teilzunehmen, den sie mit dem Begründer der Bindungsenergetik veranstaltete. Sie tat dann aber etwas, was sie sonst nie machte: Hartnäckig blieb sie dran, mich davon zu überzeugen, schrieb mir Emails, sprach das Thema immer wieder an und mir wurde klar, dass sie darüber auf einen Durchbruch in der Therapie baute. Irgendwann gab ich auf und dachte, ich probiere es einfach aus. Ich kann ja jederzeit wieder gehen. Immerhin fand ich den Titel spannend und habe ihn mir bis heute gemerkt: ‚Liebe und Persönlichkeit’.

Vorurteil ade

Der erste Eindruck war wie geahnt: Lauter Frauen und nur 1 Mann. Einige Frauen, die ich nicht recht in Verbindung zu meiner Person bringen konnte – ich dachte sofort ‚Welten treffen aufeinander’. In der Vorstellungsrunde erwischte mich gleich die erste dieser Frauen in meiner Voreingenommenheit: Unerwartet erzählte sie auf eine so witzige und selbstironische Art davon, wie sie nie ‚Nein’ sagen kann und ich war total von ihr angezogen. Ich wurde wach, hörte den anderen zu und schaltete mal mein kritisches Vorurteilsdenken aus. Und ich ließ mich ein. Schneller als ich gucken konnte, war ich als Erste bei einer Demo in der Mitte und merkte, wie die anderen aufgeschlossen Anteil nahmen, ohne zu nahe zu kommen.

Nach und nach erfuhr ich mehr von allen, sah, womit sie sich herumschlugen, wie sie sich um sich bemühten und welche Ergebnisse sie schon erzielt hatten. Immer häufiger klickte es in meinem Kopf, ich erkannte meine eigenen Verhaltensmuster oder merkte, wie ich gar nicht nachvollziehen konnte, was der eine oder andere über sich dachte oder wie er handelte. Am Abend ratterte es in meinem Kopf, ich merkte, dass etwas passierte. Und am nächsten Tag meldete ich mich für die Fortsetzung an…

Beflügelt durch die anderen

To make a long story short: Nach dem zweiten Workshop war der größte Teil von uns so begeistert, dass wir die Therapeuten überredeten, daraus eine ganze Reihe zu machen. Über einen Zeitraum von fast 3 Jahren sahen wir uns alle paar Wochen und beschäftigten uns gemeinsam mit Themen wie Eigenmotivation, Selbstwert, Widerstandskraft, Klarheit, Zuversicht.

Was ich selbst in der Zeit dort mitgenommen, empfinde ich als unbezahlbar – das kann keine Einzeltherapie leisten bzw. es ist einfach etwas ganz anderes und eine perfekte Ergänzung. Zu sehen, wie jeder Einzelne von uns sich entwickelt und ‚entpuppt’ hat, war einfach beflügelnd!

Einige dieser Geschichten erzähle ich hier in diesem Blog. Und da ich mit einigen der Teilnehmer noch heute in Kontakt bin, heißt es immer wieder ‚Fortsetzung folgt’!

Was Dir Coaching oder Therapie in der Gruppe bringt:

Du bist nicht die Einzige mit einem Problem: ‚Bei allen läuft es gut, nur bei mir nicht’, ‚Alle haben jemanden, nur ich nicht’, ‚Wieso kriege ich das nicht hin, alle anderen schaffen das doch auch’ und so weiter und so fort. In einer Gruppe wird schnell klar, dass eben genau das nicht so ist. Den Menschen ohne Probleme gibt es nicht; es ist eben nicht alles Gold, was glänzt. Und wer in einen Gruppen-Workshop geht, hat den Mut, sich dem zu stellen und hinter die Fassade schauen zu lassen. Und uns beruhigt zu wissen, dass auch bei anderen nicht alles glatt geht, denn das zeigt ‚So ist das Leben’. Ups and Downs gehören dazu.

Geteiltes Leid ist halbes Leid: Jeder, der schon einmal die Erfahrung gemacht hat, sich sein Problem von der Seele zu reden, weiss, dass schon alleine dadurch eine Erleichterung eintritt. Der Vorteil: In einem Therapie- oder Coaching-Workshop passiert dies in einem geschützten Rahmen. Wenn wir nicht wollen, müssen wir die anderen Teilnehmer nie wieder sehen. Unser Umfeld bekommt nichts von unserem inneren Chaos mit. Wir treffen hier auf niemanden, der schlaue Ratschläge gibt, mit Unverständnis reagiert oder ‚Kopf hoch, das wird schon wieder’ für ein hilfreiches Gespräch hält.

Zeit verbringen mit Gleichgesinnten: So hart es klingt, aber wenn ein Problem Oberhand hat, macht es mehr Sinn sich damit auseinanderzusetzen als sich nur abzulenken, und da gibt es auch bei den Nächsten und Liebsten eine Grenze. Spätestens wenn man aber das Gefühl hat, dass Familie und Freunde bei dem Thema mehr als ausgereizt sind, hören wir auf darüber zu reden, weil wir uns so noch schlechter fühlen. Stattdessen zwingen wir uns zu anderen Gesprächen, schleppen uns zu gemeinsamen Unternehmungen, versuchen fröhlicher zu wirken als wir sind und werden immer erschöpfter. Wo also kann ich in diesen Zeiten besser Ich sein als unter Menschen, die schon alleine deswegen Verständnis haben, weil es ihnen genauso geht? Maske fallen lassen, die Gesichtszüge dürfen entgleisen und werden nach kürzester Zeit von selbst wieder entspannt, weil Last von der Seele geredet wird.

Perspektivwechsel: Egal, wie selbstkritisch wir sind und wie sehr wir an uns arbeiten, sich selbst auf die Schliche zu kommen, ist ein großes Kunststück und bedarf sehr viel Eigenarbeit. Sich selbst aber sozusagen vor Augen geführt zu bekommen, sorgt zwangsläufig für den ‚Klick’… Nie versteht man eigene unsinnige Handlungsweisen, Sackgassen in seinem Kopf, überholte Verhaltensmuster oder womöglich sogar den Partner, die Kinder, den Kollegen, die Mutter plötzlich so gut, als wenn man ähnliche Geschichten von Dritten hört. ‚Das kenne ich’ ist wohl der häufigste Gedanke in Therapie-Gruppen…

Der erste Schritt weg von Vorurteilen: Wenn die perfekt gestylte Karrierefrau davon erzählt, dass sie nur mit Magenschmerzen zur Arbeit geht, die hübsche Schlanke von ihrer langjährigen Essstörung als Teenager redet, der coole Typ beim Sprechen unsicher auf den Boden schaut, sind wir irritiert. Wenn dann aber die Unscheinbarste der Runde den intelligentesten Humor hat und die mit dem zusammengepressten Mund total warmherzig ist, wird uns spätestens deutlich, dass der erste Eindruck eben doch gerne mal lügt oder aber wir zu oft den Äußerlichkeiten auf den Leim gehen. Ein Learning, das auch für ‚draußen’ nicht schadet und das Wirkung zeigt: Von Workshop zu Workshop habe ich meine Vorurteile zu den Akten gelegt und kann heute sagen, dass ich absolut keine Lust mehr dazu habe, in Lästereien oder Getuschel einzusteigen – macht keinen Sinn, man liegt ohnehin falsch.

Fotos: Dani Vivanco on Unsplash

 

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